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Wie Quanten-Teleportation Kabelsalate verhindert

Die IAT hat Quantenphysiker Dr. Rupert Ursin vom Institut für Quanteninformation und Quantenoptik (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) interviewt.

Physik, und vor allem die Quantenphysik, verändert unser Weltbild wie keine andere wissenschaftliche Disziplin. Quantencomputer, Quanteninternet durch Teleportation und andere Technologien könnten schon bald die Realität sein. Umso wichtiger, dass man die Grundlagen davon versteht. Dr. Rupert Ursin war mit seiner Arbeitsgruppe zu Gast an der IAT. Wir haben ihn befragt.

Wie kommt man dazu Quantenphysiker zu werden?

Meine Diplomarbeit habe ich am CERN gemacht. Diese wollte ich gerne schnell abschließen und habe mich beim Studiendekan beschwert, dass es nicht schnell genug geht. Das war ein gewisser Prof. Anton Zeilinger, der gemeint hat „Wenn Sie so ambitioniert sind, dann müssen Sie bei mir Dissertation machen“. Die Maschinen in der Quantenoptik sind viel einfacher zu bauen, nicht zu vergleichen mit den Maschinen im CERN. Die Setups sind einfach, die Theorien dahinter sind einfach, die Mathematik dahinter ist einfach und deshalb genieße ich dieses Feld sehr. Es ist zum Einem aufwändig und intellektuell anregend darüber zu diskutieren weil die Quantenoptik Interpretationen und verschiedene Sichtweisen zulässt aber es ist kein Forschungsfeld wo man Maschinen größer und komplexer bauen muss, wie es am CERN mit den Teilchenbeschleunigern der Fall ist.

Was hat Quantenphysik mir Philosophie zu tun?

Es gibt Menschen, die sagen dass die Quantenphysik Probleme löst, welche bei den alten Griechen aufgeworfen wurden. Ich gehöre zu einer Forschergeneration an, die dazu gezwungen ist – muss man auch so sagen - Forschungsergebnisse zu liefern. Also es geht nicht mehr so sehr um die Erforschung neuer Quantenphänomenen, wie es vor 30 oder 40 Jahren sicher der Fall war. In der Forschung heutzutage geht es um die Anwendbarkeit und die Vermarktbarkeit und die Effizienzsteigerung von Kryptographie-Systemen z.B.

 ..und Gott?

Die alte Frage, ob Gott existiert und ob die Realität die wir kennen, die vordergründige Realität, das ist was wir begreifen können oder ob die eine platonische Idee nämlich die Ideenlehre von Relevanz ist, das ist heutzutage in der Quantenforschung nicht mehr so wichtig. Aber das Forschungsfeld stammt ganz sicher aus Feld und hat wahrscheinlich signifikante Beiträge zu dieser philosophischen Debatte geleistet.

Wie kann man das Paradoxon von Schrödingers Katze vereinfacht erklären?

Das Paradoxon der Schrödinger’schen Katze ist ein auf die Spitze getriebenes Bild, von einer Katze die man in eine Box sperrt, in die man nicht hineinschauen kann und in der sich die Katze sich auch nicht bemerkbar machen kann. Da drinnen läuft ein radioaktiver oder chemischer Prozess ab, welcher die Katze in der Hälfte der Fälle umbringt und in der anderen Hälfte der Fälle bringt es die Katze nicht um. Das heißt, wenn ich diese Box geschlossen auf den Tisch stelle und hinreichend lange warte dann habe ich zwei Möglichkeiten: nämlich ob die Katze tot ist oder lebendig.
Abgesehen von tierschutzrechtlichen Betrachtungen ist das jetzt nichts Spannendes und wir würden alle sagen das ist wie eine Münze werfen. Solange ich nicht aufmache, habe ich also kein Wissen über den Zustand der Katze. Es stellt sich jetzt aber heraus, dass man gewisse Experimente in der Quantenphysik nur dann machen kann und gewisse Messergebnisse nur dann haben kann wenn ich annehme, dass diese Katze beides gleichzeitig ist: nämlich tot und lebendig. Und das ist ein Durchbruch weil es ein neuer Zustand ist. Wir sind in unserer westlichen Welt gewöhnt, dass Dinge entweder da oder weg sind. Entweder Kopf oder Zahl, die Katze entweder tot oder lebendig oder ein Lichtschalter hoffentlich entweder an oder aus. Und das ist jetzt ein großer Durchbruch, dass man Experimente machen und Geräte bauen kann, die darauf beruhen, dass diese Katze tot und lebendig gleichzeitig sein muss. Sonst kann das Messergebnis nicht erklären. Wir nennen das die Überlagerung und Erwin Schrödinger hat das auf die Spitze getrieben indem er dieses Paradoxon mit der Katze, das zugegebenermaßen nicht mehr modernen Ansprüchen entspricht, gezeigt hat.

Was ist der Unterschied zwischen einem Quantencomputer und einem normalen Computer?

Ein Quantencomputer kann einige Rechenoperationen schneller ausführen als ein klassischer Computer. Es geht uns nicht darum, dass wir alle unsere e-mails Millisekunden früher kriegen es geht nicht darum dass wir das ein Computer schneller booten kann oder ähnliches sondern es geht darum fundamentale Probleme mit den Computerwissenschaften zu lösen, z.B. die Suche in ungeordneten Datenbanken. Wenn ich die Telefonnummer einer Person im Telefonbuch suche, dann muss ich nur den Namen nach dem Alphabet suchen und finde dann eben die Nummer. Das ist für einen klassischen Computer relativ einfach, nur anders herum es ist ein großes Problem. Wenn ich nur die Nummer habe und ich suche die Person. Ein klassischer Computer muss jetzt im Schnitt die Hälfte anschauen um zu sehen welcher unter welchem Namen das ist. Wenn man Pech hat ist es der letzte Name, wenn es der Erste ist dann hat man halt Glück gehabt. Das ist ein großes Problem für Server, für Serverfarmen usw. Die Quantencomputer, so sie existieren werden, können das sehr viel schneller und das ist eine der Visionen, die wir in der Quantentechnologie haben.

Ist der Quantencomputer auch sicherer?

Klassische kryptographische Verfahren existieren zum Teil auf Basis der Erstellung von Zufälligkeiten, die verwendet werden um eine klassische Nachricht zu verschlüsseln. Man nennt es das asymmetrische Key-Verfahren, die Faktorisierung von Primfaktoren (von großen Zahlen). Genau der Quantencomputer kann das worauf die klassische Kryptographie setzt, nämlich die Faktorisierung von großen Primzahlen, aber sehr schnell. Das heißt, wenn jemand einen Quantencomputer bauen würde, ist das eine Gefahr für unsere gesamte Dateninfrastruktur, weil eben alle Kryptographie-Verfahren obsolet werden würden. Gleichzeitig hat sich aber auch die Quantenkryptographie entwickelt. Dabei geht es darum, physikalische Sicherheit herzustellen, auch gegen einen Quantencomputer, sei er auch noch so gut noch so schnell.

Was war das Highlight Ihrer wissenschaftlichen Karriere?

Ich habe zwei Highlights, das eine ist, dass ich mich sehr früh dazu entschieden hab Quantenkommunikation zum meinem Forschungsfeld zu machen.
Als ich das erste Experiment tatsächlich gebaut habe, das war eine Quanten-Teleportation über die Donau, über 600 Meter. Das war damals Weltrekord, heutzutage ist es irrelevant weil chinesische Kollegen das schon zu einem Satelliten gemacht haben. Während ich dieses Experiment gebaut habe ist mir aufgefallen, dass ich intrinsisch Kabeln hasse. Das es für mich ein Problem ist: Kabelsalat und diese zu ordnen. Deswegen habe ich dann in meiner Karriere einen Schwenk getan und habe zu dieser Freiraum-Übertragung gewechselt, deswegen ist auch mein Forschungsgebiet Satellitenkommunikation, wo mit Teleskopen und mit Satelliten hantiert wird und keine Kabel mehr im Spiel sind. Als wir da die allerersten Experimente gemacht haben mit astronomischen Teleskopen zwischen zwei gleich hohen Bergen (auf den kanarischen Inseln) und von einem Berg auf den anderen geschaut hat. Jeder normale Mensch wird dann genau auf den Horizont schauen weil der andere Berge ja gleich hoch ist, also man wird einfach die den Winkel des Teleskops null stellten. Aber die Software des Teleskops hat ein halbes Grad unter den Horizont geschaut. Der Operator der optischen Bodenstation hat auf meine Frage warum schaut man unter den Horizont gesagt, ja wegen der Erdkrümmung. An dem Punkt ist mir aufgegangen über welches Skalen wir hier reden. Also ich mach tatsächlich Quanten-Experimente und die Quantenphysik beschäftigt sich mit dem kleinsten Teil der Welt und plötzlich muss ich unter den Horizont schauen weil der Berg schon so weit weg war. Da ist mir aufgefallen, dass wir jetzt hier offenbar das Kleinste, nämlich die Quantenphysik, mit der Krümmung der Erde kombinieren, dies war irgendwie der Moment in dem ich mir gedacht habe, was ist sonst cool auf der Welt, wenn man nicht so was machen darf.

Haben Sie einen Tipp für junge Leute, die vielleicht gerade vor der Entscheidung stehen, ob sie studieren sollen und was?

Mir fällt immer wieder auf, dass ich einem Berufsstand angehöre, einem Physiker, den es vor 1000 Jahren auch schon gegeben hat. Wobei es nur ganz wenige Berufe gibt, die es vor 1000 Jahren auch schon gegeben hat. Also im sozialen Bereich hat es die nicht gegeben, im technologischen Bereich hat es die nicht gegeben. Jetzt im kleineren Maßstab gibt es Leute, die sich mit Verbrennungsmotoren gut auskennen sind wahrscheinlich in zehn Jahren am Arbeitsmarkt nicht mehr so gefragt wie sie vor 20 Jahren gefragt waren. Das heißt, wir müssen alle Dinge machen zu denen wir in Wahrheit nicht mehr nicht ausgebildet wurden. Mein Berufsstand ist einer wo das schon so ist, weil physikalische Gesetze sich ganz selten im Universum ändern. Es gibt noch einen zweiten Berufsstand der mir jetzt spontan einfällt, das sind zum Beispiel Architekten. Über viele Jahrhunderte ändert sich der Stil, aber der Beruf des Architekten bleibt der gleiche. Aber alles andere, und das betrifft jetzt meine Disziplin auch: die Technik an sich die ändert sich radikal. Deswegen plädiere ich dafür nicht angewandt spezifisch auf etwas hin zu studieren was es heute gibt, z.B. ich interessiere mich jetzt für Verbrennungsmotoren und oder auch für Elektromotoren. Sondern man muss möglichst flexibel bleiben und ich glaube das war auch der große Wurf in der Evolution, sich immer alle Möglichkeiten offen zu halten. Natürlich läuft das am Schluss darauf hinaus den jungen Leuten zu raten Physik zu studieren, weil es nun mal das Breiteste ist, was man lernen kann.

Das ganze Interview auf YouTube.