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Corona, Influenza und Co. - Interview mit Prof. Sylvia Knapp

Internationale Akademie Traunkirchen im Interview mit Infektionsbiologin Sylvia Knapp über Corona, Influenza und Co.

Prof. Bernhard Jakoby, Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik an der JKU Linz und Präsident der Internationalen Akademie Traunkirchen hat Frau Prof. Sylvia Knapp, Medizinerin und Infektionsbiologin an der Medizinischen Universität Wien und am Zentrum für Molekulare Medizin der ÖAW zu Infektionsmechanismen und aktuellen Erkenntnissen zu SARS-Corona-Virus 2 befragt.

Infektionen basieren ja meist auf Bakterien und Viren. Was sind Bakterien und Viren überhaupt?

Der große Unterschied zwischen Bakterien und Viren ist, dass Bakterien wirkliche Lebewesen sind, die sich selbst, und auch außerhalb jedes Körpers, vermehren können. Aber wenn Sie in den Körper eindringen und am falschen Platz sind können sie Infektionen verursachen.
Viren sind kleine Partikel, die sich nicht selbst vermehren können, sondern immer eine Zelle missbrauchen müssen, die ihnen hilft, sich zu vermehren. Sobald sie in einem Körper eine Zielzelle finden, können sie deren Vermehrungsmaschine verwenden um sich selbst zu vermehren und dann ganz viele weitere Viren auszuschütten, die wiederum andere Zellen befallen.

Wovon hängt die Art der Krankheit bzw. der Symptome ab, die ein bestimmtes Virus hervorruft?

Die Art der Erkrankung, die ein Virus hervorruft hängt davon ab, welche Zelle die Wirtszelle ist. Viren müssen ein bestimmtes Molekül an der Oberfläche erkennen, um dann in die Zelle hinein zu können. Hepatitisviren z.B. befallen Leberzellen, AIDS-Viren befallen Immunzellen und SARS-CoV-2 befällt untere Epithelzellen der Lunge (Alveolen). Und davon hängt dann ab welche Art der Krankheit sich entwickelt.

Eines deiner Forschungsgebiete betrifft das Influenza-Virus („Grippevirus“). Das aktuelle SARS-CoV-2 Virus („Coronavirus“) wird oft damit verglichen. Was sind Gemeinsamkeiten dieser Viren?

Covid und die Grippe haben sehr ähnliche Symptome, weil sie beide die Lunge befallen können und damit zu einer Lungenentzündung führen. Große Unterschiede sind, dass Influenza mehr die Epithelzellen der Lunge weiter oben betrifft, die Inkubationszeiten und die Symptome, wie etwa Geschmacksstörungen und unspezifische Symptome bei Covid im Gegensatz zu massiven Muskelschmerzen bei Grippe. Wichtig ist auch zu wissen, dass jeder anders reagiert.

Warum wird angesichts dieser Gemeinsamkeiten so viel Aufhebens gemacht um dieses neue Virus?

Um SARS-CoV-2 wird so viel Aufhebens gemacht, weil es neu ist und wir alle völlig ungeschützt sind gegen dieses Virus weil es vorher nicht in der Weltbevölkerung vorgekommen ist. Deshalb hat es einen massiven Vorteil sich zu verbreiten. Influenza hatten viele schon, viele sind geimpft und deshalb breitet es sich auch nicht so aus. Jede neue schwere virale Infektion, die sich so ausbreitet ist natürlich ein Notfall für die Menschheit, wie man auch sieht. Das Problem an diesem Covid-2-Virus ist auch: obwohl sich jetzt schon 10 Mio. Menschen angesteckt sind, verstehen wir noch immer nicht genau was den großen Unterschied ausmacht, dass manche Menschen völlig asymptomatisch sind, andere nur milde Symptome haben und bei manchen, und doch einer kläglichen Zahl von um die 15% wirklich schwere, lebensbedrohliche Lungenversagen und Entzündungserkrankungen haben. Das gibt es bei Influenza seltener. Das ist bedrohlich und wir verstehen es nicht und können es auch nicht gut behandeln.

Das Influenzavirus mutiert ja regelmäßig, so dass es jedes Jahr neue Impfstoffe gegen die aktuellen Stämme gibt. Wie wird das bei SARS-CoV-2 sein?

Mutationen sind typisch bei Influenza, so dass es jährlich einen anderen Stamm gibt. Die Oberflächenmoleküle der Viren mutieren und es verursacht, dass die Antikörper, die wir dagegen bilden, diesen neuen Stamm nicht oder nicht so gut erkennen. D.h. es gibt immer eine Restwirkung von vorhergehenden Infektionen oder Impfungen. Bei SARS-CoV-2 wissen wir noch zu wenig. Es gibt auch eine Immunantwort, die schützt, insofern würde auch eine Impfung schützen, die große Frage ist, wie lang so ein Schutz anhält. Man weiß von anderen Viruserkrankungen mit Coronaviren, dass der Schutz nicht ewig anhält, sondern nur wenige Jahre. Das Bedeutet, man muss regelmäßig nachimpfen, ähnlich wie bei Influenza.

Die aktuelle Situation zeigt, dass viele Disziplinen zur Erforschung und Bewältigung dieser Pandemie beitragen können. Du bist Infektionsbiologin. Wie bist du dazu gekommen und was sind verwandte Berufe und Laufbahnen?

Ich wusste nach der Schule überhaupt nicht was ich studieren soll, aber mich hat immer interessiert wie Sachen zusammen wirken und wie der Körper funktioniert und auch wie zwei verschiedene Systeme oder Leberwesen zusammen wirken und dafür sind Infektionen ein großartiges Beispiel weil das kein statischer Prozess ist, sondern ein trickreiches Zusammenspiel.
Ich bin eigentlich über die innere Medizin bzw. Intensivmedizin zur Forschung gekommen. Intensivmedizin behandelt großteils Menschen mit Infektionen: schwere Lungenentzündung oder auch Sepsis. Und da besser zu verstehen, wie man mit dieser massiven Entzündungsantwort umgehen kann hat mich dazu geführt in die Forschung umzusteigen. Und Infektionsbiologie ist einfach die Erforschung, welche biologischen und immunologischen Vorgänge eine Infektion begleiten. Verwandte Disziplinen gibt es viele: Mikrobiologie, Virologen, Immunologen etc. Das macht die Infektionsbiologie auch so interessant, weil es eine Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Disziplinen ist.

Du hast längere Zeit auch im Ausland studiert und geforscht. Wie hat dich das geprägt?

Das waren sehr wichtige Erfahrungen. Ich war in Berlin ein Jahr nach dem Mauerfall. Ich war Ausländerin, gemeinsam mit den anderen Migranten die damals in Berlin aufgepoppt sind. Man musste sich um 5 in der Früh beim Fremdenpolizei anstellen und über viele Stolpersteine hüpfen um überhaupt eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen – und ich hab sogar die gleiche Sprache gesprochen! Das hat mich sehr sensibilisiert, gegenüber den Barrikaden, die wir Ausländern aufbauen und wie mühsam das ist. In Holland hab ich meinen PhD gemacht und was ich dort besonders genossen habe ist dieser pragmatische und klare Zusagen und die sehr konstruktive Art, Fragen zu beantworten oder Projekte zu beginnen. Es ist immer proaktiv, ermutigend und positiv wobei man in Österreich eher dieses „ich weiß nicht - meinst du - hast du überlegt“, das gibt es dort nicht. Da hat jemand eine Idee uns dann heißt es „das machen wir“ und wenn es klappt, klappt es und wenn nicht na gut dann machen wir etwas neues. Da hab ich gelernt, wie klar, positiv und konstruktiv man Sachen angehen kann und da sind Holländer meiner Meinung nach Weltmeister darin.

Auf Grundlade deiner bisherigen Erfahrungen: Hast du einen Tipp für junge Leute, die vielleicht gerade vor der Entscheidung stehen, welche Richtung sie einschlagen sollen, z.B. was sie studieren könnten?

Mein Tipp ist, unbedingt das zu machen an dem man interessiert ist und sich nicht ablenken zu lassen von Unkenrufen die sagen „da hast du keine Chance“. Es ergeben sich immer neue Wege und man muss Entscheidungen treffen. Man kann das alles umwerfen und sich umorientieren und das passiert auch im Leben. Wenn man 17/18 ist hat man noch das ganze Leben vor sich und soll sich da keinen Stress machen welche Ausbildung man macht. Wenn es mich interessiert, wird sich immer ein Weg finden, dass man das irgendwie verwirklicht.

Das ganze Interview auf YouTube.